Mehr als 35.000 verschiedene Artikel befinden sich im 13.000 Quadratmeter großen und 20 Meter hohem Zentrallager in der Trumpfstraße. Bestandswert: mehr als 66 Millionen Euro. Große Teile wie Power Amplifier, also Verstärker für Laserimpulse, oder Scharnierbandförderer, mit denen Späne oder Blechabfallstücke entsorgt werden, einige bis zu drei Tonnen schwer, und winzige Schräubchen, nur wenige Millimeter groß, lagern hier. Im Schnitt werden täglich rund 3.500 Entnahmen – sogenannte Picks – vorgenommen, an einigen Tagen auch 4.000 oder sogar 4.300, von denen TRUMPF rund 75 Prozent an deutsche und europäische Kunden liefert. Das Herz des Logistikzentrums ist aber das Kleinteilelager. Hier lagern in Hochregalen mit über 32.000 Behälterstellplätzen Kleinteile wie Düsen, Linsen und Filter, die häufig umgeschlagen werden. Diese werden über Förderbänder zum Kommissionierer gebracht. Doch wie kommen sie dorthin? Das übernehmen ganz besonders fleißige mechanische Helfer: Regalbediengeräte. Diese fahren an den Hochregalen rauf und runter und ziehen blaue, 40 x 60 Zentimeter große Behälter mit bis zu vier Einsatzkästen heraus, in denen die Kleinteile liegen.
Ein IT-System, das fast alles weiß
So fleißig die Regalbediengeräte auch sind – es gibt einen Zielkonflikt: Einerseits wird kurzfristig ein möglichst hoher Output angestrebt, anderseits eine, dem Lager entsprechende optimale Fahrtenplanung. „Das hat zur Folge, dass manchmal ein Behälter auf dem Rückweg an einem nicht optimalen Stellplatz landet“, berichtet Philipp Marschand, Leiter Lagerleitstand und Qualitätssicherung in der internationalen Ersatzteillogistik von TRUMPF. Warum ist das so? „Das System wählt bei der Rückfahrt ins Lager einen freien Platz in der Nähe der nächsten Auslagerung, um schnell weiterarbeiten zu können, auch wenn dieser Platz nicht ideal ist.“ Trotzdem macht es Sinn, denn es geht tagsüber darum, möglichst schnell die Kommissionierung zu versorgen. Deshalb wird ein Behälter mit einem selten benötigten Teil etwa nicht nach hinten oben an seinen Ursprungsplatz gebracht, sondern relativ weit vorne unten eingelagert, wo gerade sowieso ein Behälter mit einem schnelldrehenden Teil herausgeholt wurde. Philipp Marschand: „So sparen wir in Spitzenlastzeiten lange Fahrwege und können im Lager möglichst effizient arbeiten.“
Eine Folge: Im Lager entsteht über den Tag leicht mal etwas Unordnung. Philipp Marschand vergleicht das AKL mit einem Kinderzimmer, das die Eltern gerne aufgeräumt sehen. Im Lager soll jedes „Spielzeug“ an seinem richtigen Platz liegen. Dafür sorgt die automatische Reorganisation. Philipp Marschand: „Der Clou: Unser IT-System erkennt, wenn im AKL wenig und oder keine Bewegung ist, nachts, an Wochenenden, in den Mittagspausen. Dann kommt der Aufruf zum Aufräumen, ein elektronischer Impuls, der ohne manuelles Eingreifen den Optimierungslauf auslöst. Die Regalbediengeräte setzen sich in Bewegung und bringen die Behälter an neue, bessere Plätze: Oft benötigte Teile kommen nach vorne unten, selten benötigte nach hinten oben.“ Das System weiß also, welche Teile oft gebraucht werden und welche seltener. Damit nicht genug: Das System kann flexibel auf Probleme reagieren. Wenn es kleinere Fehler erkennt, etwa einen Behälter, dessen Inhalt es nicht zuordnen kann, bleibt es nicht stehen, sondern überspringt diesen Punkt und arbeitet die nächsten Aufgaben ab.
Vier Jahre Vorbereitung haben sich gelohnt
„Herrscht großes Durcheinander im Lager werden pro Nacht bis zu 2.500 Aktionen durchgeführt, um wieder Ordnung herzustellen und damit einen stabilen und schnellen Betrieb zu gewährleisten“, wie Philipp Marschand erklärt. Vom automatischen Aufräumen profitiere nicht nur TRUMPF, sondern auch die Kunden: „Wir werden so immer effizienter und können die Aufträge unsere Kunden noch sicherer und schneller bedienen.“
Die Einführung der automatischen Reorganisation durch ein IT-Team von TRUMPF und einem externen Dienstleister geschah nicht mit einem Fingerschnipp: Vierjährige Erfahrungen flossen in das Projekt ein. Die Experten haben getüftelt, anfängliche Fehler ausgemerzt und ständig neue Funktionen angepasst. „Damit ein solches System ohne Menschenhand reibungslos läuft, muss die Programmierung fehlertolerant sein“, betont Philipp Marschand. Die Entwicklungsarbeit hat sich gelohnt. Das „Kinderzimmer“ im Logistikzentrum für Ersatzteile von TRUMPF in Ditzingen wird jede Nacht aufgeräumt, am Morgen herrscht dann wieder Ordnung.