Auf der Blechexpo stellt TRUMPF mit Industrie 4.0 die Digitalisierung der Blechfertigung in den Mittelpunkt. Herr Prokop, was bedeutet Industrie 4.0?
„Industrie 4.0 bedeutet, Wertschöpfungsprozesse zu vernetzen, um produktiver und auch flexibler zu fertigen. Es bedeutet auch, jederzeit stabile Prozesse zu gewährleisten. Um das alles zu erreichen, braucht es neue, digitale Lösungen. Viele dieser Lösungen zielen momentan auf den Produktionsprozess ab, der sich direkt auf der Maschine abspielt. Wir bei TRUMPF schauen zusätzlich aber auf die indirekten Prozesse. Dazu gehören die Erstellung von Angeboten, Begleitpapieren oder die Versandabwicklung. Gerade hier haben digitale Vernetzungslösungen eine große Hebelwirkung und können Prozesse effizienter gestalten.“
Warum ist Industrie 4.0 auch für die Blechfertigung ein Thema?
„Genau wie andere Fertigungsindustrien sind Unternehmer dieser Branche oft mit immer individuelleren Kundenwünschen konfrontiert. Bestellungen von großen Serien waren früher die Regel. Heute werden sie immer häufiger zur Ausnahme. Gleichzeitig steigen die Kundenanforderungen hinsichtlich Reaktionszeit und Qualität.
Die Kunden möchten Teile von überall bestellen können und jederzeit wissen, wie es um ihre Bestellung steht und wann sie mit der Lieferung rechnen können – ganz, wie sie es aus dem Onlinehandel gewohnt sind. All das stellt Unternehmer vor Herausforderungen, die ohne digitale Lösungen nicht zu bewerkstelligen sind.“
TRUMPF bündelt Industrie 4.0-Lösungen unter „TruConnect“? Wofür steht der Begriff?
„Wir bündeln unter TruConnect unsere Angebote für die Smart Factory. Diese Angebote bestehen aus Hardware, Software und Serviceleistungen.
Hardware-Lösungen umfassen zum Beispiel unsere Automatisierungen und auch unsere Maschinen. Diese lassen sich mit Schnittstellen ausstatten, um Informationen auszulesen und sie anschließend für die Steuerung der Produktion zu nutzen.
Die Spanne im Bereich Software ist groß: Kunden erhalten von uns umfassende Lösungen, die die gesamte Fertigung steuern und gleichzeitig für Transparenz sorgen, wie zum Beispiel TruTops Fab. Zu unserem Portfolio gehören aber auch Apps, mit denen von überall Zugriff auf die Informationen aus der Produktion möglich ist. Rund um die Maschine bieten wir außerdem verschiedene Assistenzsysteme an. Mittels Sensoren sorgen sie dafür, dass die Prozesse auch im automatisierten Betrieb reibungslos ablaufen. Sie erkennen beispielsweise einen Stempelbruch auf der Stanzmaschine oder stellen sicher, dass die Bleche einwandfrei für die Bearbeitung ausgerichtet sind. Immer wichtiger wird auch die Rückverfolgbarkeit von Teilen. Neben dem Dot Matrix Code für Lasermaschinen bieten wir mit dem LabelMaster und dem Tintenmarkierwerkzeug auch für Stanz- und Stanz-Laser-Maschinen Lösungen an, um das Teil zum Informationsträger zu machen.“
Und im Bereich Services?
„Das TruConnect Portfolio enthält eine ganze Reihe von Beratungsdienstleistungen, um kundenindividuell Vernetzungslösungen zu erarbeiten.
Darüber hinaus haben wir digitale Lösungen für weitere Services: Auf der Messe zeigen wir erstmals Easy Order, ein Cluster aus verschiedenen Bestellwegen, mit denen Verbrauchsteile buchstäblich auf Knopfdruck bestellt werden können: Anwender können an ihrer Maschine einen Button anbringen. Der Button steht für ein bestimmtes Verbrauchsteil. Drückt der Bediener darauf, wird sofort eine Bestellung ausgelöst. Easy Order-Bestellwege umfassen aber auch eine App mit zahlreichen Verbrauchsteilen, die dort mit wenigen Klicks nachbestellt werden können.“
TRUMPF hat auf der Messe einen TruConnect live Showcase gezeigt: Von der Auftragseingabe einer personalisierten Blechschachtel via iPad bis hin zur Fertigstellung und Ausgabe wurde der gesamte Prozess nicht nur real, sondern auch digital abgebildet, inklusive Liege- und Pufferzeiten. Neben dieser Industrie 4.0-Fertigungsstrecke gab es auf dem Messestand auch jede Menge Informationen zur Smart Factory in Chicago. Was hat die Besucher dort erwartet?
„In Chicago erleben unsere Kunden einen vernetzten Maschinenpark, mit dessen Hilfe sich Aufträge automatisiert abarbeiten lassen. Kern der Smart Factory bildet eine verkettete Anlage, bei der mehrere Maschinen an ein STOPA Hochregallager angeschlossen sind. Digitale Lösungen steuern den gesamten Produktionsprozess und sorgen jederzeit für Transparenz, zum Beispiel über den Auftragsstatus oder den Materialbestand. Auf den Punkt gebracht: In Chicago zeigen wir unseren Kunden live, wie sie von digital vernetzten Fertigungslösungen profitieren können und wie die Blechbearbeitung der Zukunft aussieht.“
Was unterscheidet Chicago von einem klassischen Vorführzentrum?
„In klassischen Vorführzentren stehen einzelne Maschinen im Vordergrund – in Chicago der automatisierte Teile- und Informationsfluss einer gesamten Anlage.“
Wer lastet in Chicago Aufträge ein und wie?
„Kunden können direkt vor Ort Teile einlasten. Sie können aber auch den AXOOM Webshop der Smart Factory im Internet nutzen und dort eine Bestellung aufgeben – und das natürlich von überall.“
Wie wird die Produktion gesteuert?
„Der Prozess beginnt quasi bei der automatischen Erstellung eines Angebots, basierend auf einer Zeichnung und der Bestellung im AXOOM Webshop. Alle Informationen werden automatisch an die Software übergeben und dann in die Produktion eingelastet.
Auch die Teile selbst können den Prozess steuern, zum Beispiel mit dem Dot Matrix Code. Aufgetragen auf ein Teil enthält er Informationen für die Prozesskette, zum Beispiel das Programm des nächsten Fertigungsschritts.“
Welche Tools sorgen für Transparenz?
„In erster Linie natürlich TruTops Fab. Es ermöglicht, jederzeit den Überblick über den Auftrags- und den Produktionsstatus zu behalten. TruTops Fab schafft auch Klarheit über den Materialbestand im Hochregallager. Wir testen in Chicago aber auch andere Produkte. Zum Beispiel setzen wir eine Lösung ein, bei der sich mittels Sensoren jederzeit bestimmen lässt, wo Teile sich gerade in der Fertigung befinden. Auch Lösungen für den Materialfluss sind in der Erprobungsphase. Neben der verketteten Anlage gibt es in Chicago einige Einzelmaschinen. Um den automatisierten Materialfluss zu diesen Maschinen zu gewährleisten, testen wir die STOPA VARIOCARTS. Sie bewegen sich kabellos und ohne Führungsschienen zwischen den Anlagen.“
Welche neuen Lösungen rund um Wartung und Services kommen zum Einsatz?
„Die Lasermaschinen sind mit einer Zustandsüberwachung ausgestattet, dem Condition Guide. Der gibt jederzeit Auskunft über Komponenten, die Auswirkungen auf die Schneidfähigkeit der Maschine haben könnten. In Chicago testen wir auch sogenannte Smart Glasses. Diese Onlinebrille spart Zeit und Geld bei Serviceeinsätzen. Auf den Gläsern werden Bilder angezeigt, die die Reparaturarbeiten erleichtern. So bleiben beide Hände frei.“