Zeit ist Geld im Baugewerbe. Vom Auftragseingang bis zur Auslieferung der Produkte auf die Baustelle vergehen meist nur wenige Tage – Tagesgeschäft für Thomas Goswin: „Neben Qualität und Preis stehen kurze Lieferzeiten im Fokus unserer Kunden. Ein, zwei Tage machen da schon etwas aus.“ Goswin weiß, wovon er spricht. Die SCHRAG Gruppe mit Hauptsitz im nordrhein-westfälischen Hilchenbach entwickelt und produziert Komponenten für den industriellen Hallenbau. Mit vier Fertigungsstandorten in Deutschland sowie den Niederlassungen in Tschechien und Polen gehört SCHRAG seit Jahren zu den Marktführern. Damit das so bleibt, hinterfragt Goswin regelmäßig die Ausrichtung seiner Unternehmensgruppe und der einzelnen Geschäftsfelder. Im größten Geschäftsfeld Kantprofile sieht er Optimierungspotenzial: „Effizientere Abläufe können uns den entscheidenden Vorsprung verschaffen und die erreichen wir durch Automatisierung.“
Ein guter Plan muss her
Allerdings ist die automatisierte Fertigung von Kantprofilen kein leichtes Unterfangen. „Wir fertigen in der Regel auftragsbezogene, überwiegend kundenindividuelle Teile“, erklärt Goswin und fährt fort: „Mit einem Team von Mitarbeitern ist es aber gelungen, Teile zu identifizieren, die eine gewisse Wiederholhäufigkeit aufweisen.“ Dabei handelt es sich um Pfetten und Riegel für die Unterkonstruktion im Hallenbau. „Unsere Idee war, diese Teile aus den bestehenden Standorten abzuziehen und in einem ganz neuen Werk automatisiert zu fertigen“, erzählt Goswin: „Dafür wollten wir das modernste Produktionswerk für Leichtbauprofile in Europa auf die grüne Wiese stellen.“ Die war schnell gefunden, aber, sagt Goswin: „Wir sind keine Automatisierungsspezialisten. Für den Aufbau eines neuen Produktionsstandortes und die damit einhergehende Umstrukturierung der Standorte haben wir uns deshalb Unterstützung geholt.“
Partner auf Augenhöhe
Von seinem Ansprechpartner bei TRUMPF hört Thomas Goswin vom Smart Factory Consulting Team, das Blechbearbeiter maschinen- und herstellerunabhängig auf ihrem Weg zur Smart Factory berät und begleitet. Zum Beratungsumfang gehört auch die Fabrikplanung. Goswin: „Mich hat überzeugt, dass die TRUMPF Consultants aus der Blechwelt kommen. Denen muss ich nicht erst erklären, was ein Kant- oder Biegeteil ist. Wir sprechen eine Sprache.“
Im Februar 2020 findet in Hilchenbach der Kick-off des Projekts statt. Das SCHRAG Projektteam besteht aus allen Standortleitern, dem Technischen Leiter, dem IT-Leiter sowie weiteren Kollegen aus den Bereichen Produktion, Vertrieb und IT. „Es ging mir darum, möglichst viele Kollegen mit ihrem spezifischen Fachwissen an Bord zu holen. Alle sollten sich von Anfang an eingebunden fühlen“, begründet Thomas Goswin seine Auswahl. Die Smart Factory Consultants Robert Herold und Dominique Hensel beginnen den Prozess mit detaillierten IST-Analysen an den Standorten. Immer in enger Zusammenarbeit mit dem SCHRAG Team. Sie untersuchen mit Hilfe von Analysetools Material-, Informations- und Produktionsflüsse. Auf der Grundlage der Ergebnisse entwickeln sie gemeinsam mit der SCHRAG Projektgruppe Lösungen zur Effizienzsteigerung an den Standorten.
Ausbau statt Neubau
Auch zum Aufbau des neuen Standortes machen sie sich Gedanken. Je mehr Produktionszahlen allerdings auf dem Tisch liegen, desto attraktiver erscheint dem Projektteam eine Alternative: Warum nicht den bestehenden Standort Seevetal ausbauen und fit für die automatisierte Fertigung machen, anstatt in einen komplett neuen Standort zu investieren? Robert Herold erklärt: „Der Standort Seevetal in Hamburg war schon auf die Fertigung von Pfetten und Riegel spezialisiert – und es gab da ein freies Grundstück.“ Dominique Hensel ergänzt: „Es hat sich herauskristallisiert, dass der Ausbau des Standorts Seevetal sowie die Optimierung der bestehenden Standorte einen größeren Mehrwert für die SCHRAG Gruppe liefern als ein Neubau.“ Der Plan überzeugt alle Projektbeteiligten und auch Thomas Goswin zieht mit: „Ich bin von Anfang an ergebnisoffen in die Planung gegangen. Die von den Consultants vorgebrachten Argumente, untermauert von Wirtschaftlichkeitsberechnungen und der gemeinsam erarbeiteten Faktenbasis haben uns alle überzeugt.“
Starke Kombi: Prozess- und Technologiewissen
Der Traum vom modernsten Produktionswerk für Leichtbauprofile in Europa ist also nicht vom Tisch – nur der Standort wird ein anderer sein. Zur Umsetzung dieses Ziels machen sich die Smart Factory Consultants und das Projektteam an die detaillierte Farbrikplanung für Seevetal. Zunächst gilt es, dort die Voraussetzungen für eine automatisierte Fertigung von Standardteilen zu schaffen. Dazu empfehlen die TRUMPF Consultants die Investition in eine hochautomatisierte Rollprofilieranlage. Aber das ist nicht alles: Da bei einem Großauftrag häufig auch Sonderprofile Bestandteil des Lieferumfanges sind und eine Teilung von Aufträgen nicht zielführend ist, wird in Seevetal darüber hinaus eine Pressenstraße inklusive einer 12,5-Meter-Presse von TRUMPF für Sonderprofile installiert. Ein neues Coillager bedient beide Fertigungsstränge. Für eine effiziente An- und Ablieferung von Material und Teilen, ist eine Lkw-Werksumfahrung Bestandteil des Plans. Ein neues Bürogebäude komplettiert den Ausbau des Standorts, der 2022 die Produktion aufnehmen soll.
Dominique Hensel ist hochzufrieden: „Dieses Projekt hatte für uns eine ganz neue Dimension. Es hat gezeigt, dass unser kombiniertes Prozess- und Technologiewissen auch dann gute Ergebnisse bringt, wenn das klassische TRUMPF Portfolio nicht passt.“ Und auch Thomas Goswin ist begeistert: „Ich muss zugeben, dass ich anfangs meine Zweifel hatte an dem Versprechen, dass die Beratung durch TRUMPF neutral, also hersteller- und maschinenunabhängig sei. Aber es hat sich gelohnt, den Smart Factory Consultants einen Vertrauensvorschuss zu geben. In einer tollen Teamleistung haben wir gemeinsam die für das Unternehmen beste Lösung erarbeitet.“ Mit der Kombination von automatisierter und klassischer Fertigung in einem Werk hat SCHRAG nun ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb, und das spornt Goswin und sein Team an, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Die Entlastung unserer einzelnen Standorte gibt uns nun Raum für neue Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen. Und auch die weitere Optimierung der werkübergreifenden Prozesse und die damit verbundene Vernetzung der Standorte von SCHRAG steht noch auf der Agenda.“, erklärt Goswin und weiß, dass er sich auch dabei auf die Smart Factory Consultants von TRUMPF verlassen kann.