Wie viel Paar Schuhe er auf seinem Weg verbraucht hat, weiß Mohammad Zatima schon gar nicht mehr. Fast 4000 Kilometer haben sie ihn getragen. „Manchmal sind wir aber auch barfuß gegangen.“ Sein Weg fort vom Krieg in Syrien, der 2011 in seiner Straße ausbricht, führt ihn über Jordanien in die Türkei. Danach geht es in Europa mit dem Zug und in Autos weiter: Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich. Und schließlich Deutschland.
Europa ist Zukunft
Mohammad fasst den Entschluss zu fliehen in Jordanien. Mehrere Jahre lebt er dort mit seiner Familie in einem ‚Flüchtlingscamp‘. Eine Zukunft gibt es dort nicht für ihn: Syrer dürfen in Jordanien nicht arbeiten. Obwohl der 27-Jährige seinen Bachelorabschluss im Land gemacht hat. „Also musste ich selbstbewusst sein und einen Weg da raus suchen.“
Das Ziel ist klar: „Ich wollte nach Europa, um mir dort eine Zukunft aufzubauen.“ Trotzdem ist da die Angst vor dem Ungewissen. Vor dem Weg, der vor ihm liegt. Und dem, was danach kommt. „Aber Angst gehört dazu, das ist ja nur menschlich.“
Den schlimmsten Moment seiner Flucht erlebt er gleich zu Beginn seiner langen Reise: „An der Grenze aus Jordanien sagte ein Zollbeamter mir: Wenn du jetzt diesen Stempel in deinen Pass bekommst, kannst du nie wieder zurück. Das war die schwerste Entscheidung, die ich je getroffen habe.“ Seine Familie muss er zurücklassen.
Steinige Wege
In der Türkei bedroht man ihn und seine Freunde mit einer Waffe, man will sie ausrauben. In Griechenland finden sie sich nach einer Fahrt per Anhalter plötzlich im Nirgendwo. Im ungarischen Szeged wird er vier Tage festgehalten, bis er seine Fingerabdrücke abgeben kann. Doch er läuft und fährt immer weiter. „Ich hatte nichts zu verlieren.“
Er kommt an. In Deutschland. Bei TRUMPF. Seit diesem Herbst ist er Masterand im Global Service Center. „Ich fühle mich sehr wohl in meiner Abteilung. Ich kann eigenverantwortlich arbeiten. Das weiß ich zu schätzen!“
„Durch meinen Job bei TRUMPF habe ich aber weniger Zeit, mit meiner Mutter zu sprechen. Da beschwert sie sich manchmal.“ Mohammad hält per WhatsApp Kontakt zu seiner Familie. Seit dreieinhalb Jahren hat er seine Mutter, die ältere Schwester – sie lebt mittlerweile in Kanada – und den jüngeren Bruder nicht gesehen. Sein Vater starb vor zwei Jahren in Syrien. Er hat Mohammad beigebracht, nach vorne und nicht zurück zu schauen. Das treibt ihn an.
Weihnachten heißt Familie
Besonders an Weihnachten vermisst Mohammad seine Familie. Deshalb hat er auch in seinen ersten Jahren in Deutschland keine schönen Erinnerungen daran: „Jeder feiert zusammen mit seiner Familie. Da habe ich mich sehr alleine gefühlt. Auch wenn wir kein Weihnachten feiern, die Atmosphäre hat einfach etwas Familiäres.“ Doch dieses Jahr wird alles anders: Die Familie seiner Freundin Sarah hat ihn zu sich eingeladen. „Ich bin gespannt, was mich am 24. Dezember erwartet.“ Einen Weihnachtswunsch hat Mohammad auch schon: „Es wäre schön, wenn es über die Feiertage schneit!.“